Gelebte Utopie – Politische Verfolgung, Flucht und Engagement in Deutschland

Der Tagesworkshop “Gelebte Utopie” beschäftigt sich mit politischer Verfolgung als Fluchtursache und dem Leben und den Lebensleistungen einiger Menschen, die in Deutschland aufgrund von Verfolgung in ihrem Heimatland Asyl erhielten. Asyl ist in Deutschland ein von der Verfassung geschütztes Recht. Menschen, die aus anderen Teilen der Welt vor Gewalt, Krieg und Terror fliehen, sollen hierzulande Schutz finden.

Das Archiv der Flucht porträtiert unter anderem Menschen, die sich in ihren Herkunftsländern oft entgegen der offiziellen Regierungslinie politisch oder gesellschaftlich engagierten, weswegen sie körperliche oder psychische Gewalt erlebt haben oder mit dem Tod bedroht wurden. In Deutschland setzen viele ihr Engagement fort, entweder um sich für bessere Bedingungen in ihrem Herkunftsland einzusetzen, oder um sich in Deutschland gemeinsam mit anderen Menschen für eine andere Gesellschaft zu engagieren.

Die Teilnehmenden des Workshops setzen sich mit den“gelebten Utopien” der Zeitzeug*innen auseinander und nutzen sie als Inspiration und Ressource, um eigene Utopien für unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben umzusetzen. Dies geschieht sowohl haptisch in einer selbstgebauten Miniaturwelt in einer Box sowie multimedial mit animierten 360° Fotos und AR Technologie in CoSpaces.

Dauer

Tagesworkshop (3 x 90 min + 30 min Präsentation und Auswertung – mit 1h Pause)

Empfohlene Altersgruppe

ab 15 Jahre

Themen/Inhalte

Flucht und Migration, Fluchtursachen, politische Verhältnisse in anderen Regionen, Asylrecht, Gesellschaft gestalten, Zusammenleben, Multiperspektivität, transformatives Lernen

Digitale Werkzeuge und Medienpraxis

  • Video / Bewegtbild
  • Datenvisualisierung
  • digitale Kartenabfragen
  • Nicht-lineares Storytelling
  • 360° Fotografie
  • Co-Spaces (VR)
  • Audioproduktion

Technische Ausstattung Teilnehmende

  • Internet / online
  • Aufnahmegeräte und Kopfhörer (ggf. Splitter)
  • 360° Kamera
  • Smartphone mit 360° Kamera App und CoSpaces App
  • VR Brille (wenn nicht vorhanden, auch ohne möglich)
  • Laptop pro Kleingruppe
  • 1 leere Kiste pro Kleingruppe und Bastelmaterialien

ZUR FREIEN NUTZUNG

Dieses Bildungsmaterial ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Sie können dieses Bildungsmaterial frei nutzen, weiterbearbeiten, neu veröffentlichen, sofern Sie die Namen der Erstellenden angeben wie folgt:

CC-BY 4.0 medialepfade.org; Katrin Hünemörder, Dr. Christine Kolbe, Daniel Seitz, Eva Hasel, Birte Frische, Christine Lordong, Sika Dede Puhlmann, Mohammed Habibullah Scheikani, Aleksandar Vejnovic

Anschlüsse zum Archiv der Flucht

Der Ansatz „gelebte Utopie“ setzt sich unmittelbar auf inhaltlicher Ebene mit ausgewählten Interviews aus dem Archiv der Flucht auseinander. Es geht um die Erarbeitung gelebter Utopien von Menschen, die aus politischen Gründen ihre Heimat verlassen mussten und in Deutschland ihre Arbeit fortgesetzt haben und die künstlerische Interpretation dieser Utopien aus dem eigenen Verständnis.

Nach einer Einführung in das „Archiv der Flucht“ selbst beschäftigen sich die Teilnehmenden mit Fluchtursachen – spezifisch mit der Fluchtursache „politische Verfolgung“ und dem Grundrecht auf Asyl.

Die Teilnehmenden wählen aus fünf Biografien von Menschen, die aus politischen Gründen flüchten mussten, ein Interview aus und beschäftigen sich anhand ausgewählter Sequenzen mit den Umständen, aufgrund derer sie ihr Land verlassen mussten. Die Interviewsequenzen und die darin vorkommenden Erzählungen dienen als Ressource und Inspiration für die Erstellung einer Miniaturwelt in einem Karton (ca. 50x50cm) mit verschiedenen Bastelmaterialien. Die Miniaturwelt in der Box soll inhaltlich so gestaltet werden, dass deutlich wird, unter welchen Umständen Menschen ihre Heimat verlassen müssen.

Weitere Sequenzen aus den Videos dienen in einem zweiten Schritt als Inspiration für die Arbeit in Co-Spaces, einem Editor für dreidimensionale VR-Räume. Hier erfahren die Teilnehmenden, in welcher Form die Zeitzeug*innen ihre gesellschaftspolitischen Ideen und Überzeugungen weiterverfolgt und umgesetzt haben, seitdem sie in Deutschland leben. In einigen Fällen zeigt sich dies im Engagement und Aktivismus der Interviewten, andere engagierten sich aus Deutschland heraus für Veränderungen in ihrem Heimatland.

Die “gelebten Utopien” der Interviewten regen dazu an, sich mit eigenen Utopien für unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben auseinanderzusetzen. Auf der VR-Lernplattform Co-Spaces soll die eigene Utopie visuell umgesetzt werden. Das erstellte 360° Foto von der Miniaturwelt in der Box dient als Umgebung, die mit CoSpaces um die eigene Utopie erweitert wird.

Über die VR-Brille können Teilnehmende und Publikum in diese erweiterte Welt eintauchen und die verschiedenen Layer politischer Fluchtgründe, ihre bezeugten Repressionen, aber auch von Handlungsoptionen und Ideen für eine offene Gesellschaft betrachten, die diese Erfahrungen miteinbeziehen.  

Videosequenzen

Max Welch Guerra

https://archivderflucht.hkw.de/max-welch-guerra/

 

Sequenze(n) – Überzeugungen und Fluchtgründe

Fortschritt ist möglich / Bildung als Fortschrittsmotor – 05:24 – 10.36

Utopie – die Gesellschaft verändern – 55:00 – 59:42

Polizeigewalt – 1:12:56 – 1:17:13

Sequenze(n) – Engagement in Deutschland / Utopie

2:06 – 2:19:10

Mila Mossafer

https://archivderflucht.hkw.de/mila-mossafer/

Sequenze(n) – Fluchtgründe

32:33 – 48:00

Sequenze(n) – Engagement in Deutschland / Utopie

1:05:36 – 1:13:04

Abdulkadir Musa

https://archivderflucht.hkw.de/abdulkadir-musa/

Sequenze(n) – Fluchtgründe

22:45 – 28:48 – Kurdistan als kultureller Raum / politisches Engagement und Gefahren für Kurden

46:38 – 55:33 – Rechte von Minderheiten, politische Grenzen, politische Aktivitäten

Sequenze(n) – Engagement in Deutschland und Utopie

1:48:25 – 1:55:10 – Integration, Arbeit für kurdischen Verein

Freweyni Habtemariam

https://archivderflucht.hkw.de/freweyni-habtemariam/

Sequenze(n) – Fluchtgründe

Die Rolle der Politik in der Familie – 16:48 – 22:05

Rückkehr nach Eritrea 24:30 – 33:08

Schlachtungen und ständige Flucht – 35:00 – 36:27

Sequenze(n) – Utopie/Engagement in Deutschland

1:43:13 – Ende

Ranjith Henayaka-Lochbihler

https://archivderflucht.hkw.de/ranjith-henayaka-lochbihler/

Sequenze(n) – Fluchtgründe

Den globalen Kontext mit der eigenen Situation verbinden, bewaffneter Kampf, Gefängnis – 31:15 – 46:50

Sequenze(n) – Engagement in Deutschland

Schriftstellerisches Engagement, Aktivitäten gegen die sri-lankische Regierung, Rassismus in Deutschland – 2:02:52 – 2:20

Zielgruppe und Bildungsorte (Empfehlung)

Schüler*innen, Junge Erwachsene in Schulen oder außerschulischen Jugendeinrichtungen.

Geeignet für Projekttage an Schulen oder in Bildungsstätten, Bibliotheken.

Bildungsziele und Handlungsoptionen

Teilnehmende verstehen geschichtliche, politische und strukturelle Dimensionen von Flucht und Migration nach Deutschland als kontinuierliches Element deutscher Geschichte als Einwanderungsland.

Teilnehmende wissen, dass es in Deutschland ein individuelles Grundrecht auf Asyl gibt und aus welchen Gründen dieses erteilt wird.

Teilnehmende setzen sich mit Biografien von politisch verfolgten Menschen auseinander, die in Deutschland Asyl erhalten haben und die deutsche Gesellschaft mit ihren Ideen und ihrem Engagement bereichern und mitgestaltet haben oder dies aktuell tun.

Zentrale Methoden: Auseinandersetzung mit dem Archivmaterial, Entwicklung einer physischen Miniaturwelt auf Grundlage ausgewählter Sequenzen aus dem Archiv der Flucht zum Thema Fluchtursachen und politische Verfolgung, Erweiterung und Animation der Welt über 360 Grad Fotografie und CoSpaces als “gelebte Utopie”

In Deutschland gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich für seine Ideale oder für bestimmte gesellschaftliche Themen einzusetzen. Die Teilnehmenden lernen diese Möglichkeiten über die Auseinandersetzung mit den Biografien aus dem Archiv der Flucht kennenlernen und können sich inspirieren lassen. In einem zweiten Schritt können sie sich dann selbst überlegen, für welche Themen sie sich interessieren und wofür sie sich in unserer Gesellschaft engagieren könnten.

Ausführliche Workshop- oder Modulbeschreibung

Vorbereitung

Vereinbarung für die Durchführung eines eintägigen Workshops (oder 3 Doppelstunden + Auswertung) mit einer Bildungseinrichtung

Einverständniserklärung der Teilnehmenden, Information an Eltern

Zusammenstellung Bastelmaterial (1 Kiste pro Gruppe, Pappe und Papier, Wasserfarben und Pinsel, leere Verpackungen, Deckel, Korken, Schnüre, Pappe, Post-its, Schere, Kleber und evtl. Verbinder wie Kabelbinder, Draht, Heißkleber, Knete)

Erstellung QR-Codes für oncoo.de

Erstellung der Information für die CoSpaces Lizenzen (pro Gruppe ein Zugang)

Anpassung Slides Präsentation an Gruppe (wenn notwendig)

360° Kameras und Samsung Telefone aufladen, mit WLAN verbinden

VR-Brillen vorbereiten, WLAN Verbindung herstellen

Laptops vorbereiten (ein Laptop pro Gruppe, WLAN Verbindung, CoSpaces Website)

Durchführung

Ausführlicher Ablaufplan zum Download
Ablaufplan als Text Datei [.odt]
Ablaufplan als PDF-Datei  [.pdf]

Weiterführende Informationen, Tools und Hilfsmaterial

  1. Die erarbeiteten Ergebnisse in CoSpaces können auf der Projektwebsite eingebunden werden und sind somit nachhaltig verfügbar. Wenn mehrere Gruppen mit der Methode arbeiten, entstünde somit ein digitales Archiv der “gelebten Utopien”, welche als digitale Ausstellung z.B. in Mozilla Hubs oder einer anderen digitalen Plattform ausgestellt werden kann.
  2. Die erarbeiteten Boxen verbleiben in der Einrichtung, in der der Workshop durchgeführt wurde, und können dort ausgestellt werden mit Bezug und Verweis auf die digitale Ausstellung der Erweiterung der Box in CoSpaces.
  3. Da die interviewten Personen aus dem Archiv der Flucht in Deutschland (meist in Berlin) häufig in der Bildungsarbeit tätig sind, besteht die Möglichkeit, diese Personen für weitere Veranstaltungen einzuladen und sich auszutauschen. Außerdem besteht die Möglichkeit, im Anschluss an die Auseinandersetzung mit dem Archiv der Flucht weitere Initiativen oder Organisationen einzuladen, die sich in Deutschland mit Themen wie Flucht und Migration, Einwanderungsgesellschaft, Rassismuskritik, migrantischer Selbstorganisation oder weiteren relevanten Themen beschäftigen, um den Teilnehmenden eine große Bandbreite an Möglichkeiten des Engagements zu zeigen und sie gegebenenfalls einzuladen, sich ebenfalls zu engagieren.